Aus eigener Erfahrung – Reflexionen zur Entwicklung

Aus eigener Erfahrung – Reflexionen zur Entwicklung

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Neues Leid

Bezogen auf mein Vorhaben, als Bera­terin in Fallar­beit mit Ein­zelsitzungen arbeiten zu wollen, hieß das, ich muss­te  anfangen, so unfertig und inkompe­tent ich mich auch immer fühlen mochte, mich in das Risiko einzulassen, wie entsetzlich mögli­cher­weise meine Bera­tung ist und dass ich meine Fälle viel­leicht gleich wieder verprellen würde.

Die ersten Schritte einen Kontakt mit po­tentiellen Klienten herzustellen waren dann auch so winzig, dass ich mir einreden konnte, es gäbe entweder keinen Bedarf oder es sei bereits ein Zeichen meiner ohnehin vielbeschworenen „analytischen Inkompetenz“. In der Praxis sah das dann folgender-maßen aus:

Ich setzte ir­gendwann mein erstes Inserat in die Zeitung und wartete gespannt darauf, ob sich jemand melden würde. Zugleich hatte ich jedoch die allergrößte Angst davor, jemand könne mein kleines Inserat in der Tageszeitung entdecken und dann auch noch tatsächlich bei mir anrufen.

Nun, ich musste also auch hier etwas entwickeln, wenn ich nicht frustriert bleiben wollte bzw. mein Vorhaben, zu bera­ten, nicht aufgeben wollte. Und mitunter ist der Preis für einen solchen Wunsch auch sehr hoch. Da ich aber bei dem Mini-Inserat letztendlich nicht gestorben bin, setzte ich von nun an in ver­schiedene Zeitun­gen größere Inserate, schrieb verschiedene Vereine, Kindergärten etc. an und setzte die „Analytische Beratung“ dann auch noch in die gelben Seiten. Die Kosten gingen über das hinaus, was ich hatte, aber im­merhin – die ersten Interessierten ka­men zu mir, um meine Be­ratung zu ge­nießen und so langsam stieg in mir das Vertrauen, dass es genau die kleinen Schritte des Verstehens sind, die die Klienten nun von mir lernen wollten um in einen neuen Kontakt mit sich selbst zu treten

Was halte ich fest?

Abschließend denke ich, dass mir eini­ges deutlicher gworden ist durch den Gang der kleinen Schritte, die ich erst nach meinem Versagen am Arbeitsplatz mehr und mehr zu gehen bereit war. Das Gefühl, „klein“ zu sein begleitete mich fortlaufend in meiner Arbeit, aber es lag auch irgentwas Überzogenes darin. Am Ende war es  dieses „Mich-selber-Kleinmachen“, was mich, zusammen mit dem großen Versprechen einer schnellen Theorie-Lösung, davon abgehalten hatte, das natürliche  „Kleinsein“ der Lernenden anzunehmen um das Mögliche im Schutze der Entwicklung ganz einfach auszuprobieren. Damit ver­sagte ich mir lange Zeit viele neue Erfahrungen, auch viele Mög­lichkeiten, Neues ken­nen zu ler­nen und die Chance, durch Über­prüfung herauszu­finden, was ich will.

So habe ich einen eigenen Eindruck davon gewinnen können wie, sich das Seelische in sich selbst verwickeln kann. Und diese Erfahrung  ist es im Wesentlichen heute, die ich versuche in meinen Beratungen weiterzugeben.

 


Bildquellen

  • crosswalk-4417371_1280: Johannes Plenio