Bildanalytisches Denken

Bildanalytisches Denken

Ein psychologisches Konzept und seine Bedeutung für Psychotherapie und Beratung

Was ich Ihnen vortragen möchte, steht stellvertretend für eine ganze Reihe theoretischer Setzungen, die ich nicht alle in diesem Vortrag entfalten kann. Es geht um ein neues Denken in der Psychologie. Zur Darstellung bringen will ich dieses Denken nun von einem bestimmten Ansatzpunkt aus, und der ist das „Bildverstehen“. Bildverstehen ist unser Name für das Seelische.

Lassen wir uns für eine kurze Zeit hier einmal darauf ein, das Psychische auf eine ungewöhnliche Weise zu betrachten. Und damit keine unnötigen Verwirrungen entstehen: Ich gebrauche die Worte immer in ihrer allgemeinsten Bedeutung. Andernfalls mache ich es durch den Zusammenhang oder über zusätzliche Erläuterungen eindeutig. Wenn ich also hier einmal vom Psychischen und ein anderes Mal vom Seelischen spreche, dann meine ich in beiden Fällen das gleiche.

1. Bildverstehen, ein neuer Begriff von Psyche.

Mit einer bildanalytischen Psychologie – und so nennen wir unsere Art zu denken – lösen wir uns von dem traditionellen Seelenbegriff. Wir schaffen uns dabei einen neuen und erweiterten. Psyche, so legen wir fest, ist für uns alles, wovon wir sagen können, daß es sich nach Art eines Bildes versteht. Die Seele ist für uns nämlich das „Bildhafte-sich-Verstehen“ gleich welchen Zusammenhangs. Kurz: das jeweils gegebene „Bildverstehen“.

Beispiel:

Hier streiten sich offenbar zwei Menschen und es sieht so aus, als wollten sie sich gleich gegenseitig an die Gurgel gehen. Was ist aber jetzt das Seelische daran? Für die bildanalytische Psychologie ist das Seelische dieser Situation genau das, was uns in der Fassung dieses Wortbildes entgegentritt. Die bildhafte Beschreibung „als wollten sie sich gleich an die Gurgel gehen“ steht als ein Gleichnis für die Art und Weise, in der beide miteinander umgehen. Es beschreibt, wie sich das beobachtbare Geschehen verstehen läßt, oder bestimmter ausgedrückt: nach welchem Bild „es sich versteht“.

Die besondere Situation in diesem Streit hat also ein ihr eigenes „Bildverstehen“ und damit – nach unserem psychologischem Verständnis – auch eine ihr eigene Psyche und Psychodynamik, was sich an der Fortsetzung eines solchen Streites auch bestimmt gut zeigen ließe.
In der Tiefenpsychologie und Psychotherapie kommt den Bildern und Gleichnissen natürlich schon immer eine ganz besondere Bedeutung zu: Man spricht hier z.B. von der Bildersprache des Seelischen. Für eine bildanalytische Psychologie sind Gleichnisse und Bilder aber NICHT nur bloße Darstellungsmittel oder Medien – wie es das Wort „Bildersprache“ ja nahelegt.
Sie sind vielmehr das Psychische bzw. die Seele der jeweiligen Sache selbst. Hierin unterscheidet sich das bildanalytische Denken von den anderen im weiten Sinne tiefenpsychologischen Schulen.


Bildquellen

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