Vom Mythos der Existenzgründung – Überlegungen aus der Perspektive eines Coaches

Vom Mythos der Existenzgründung – Überlegungen aus der Perspektive eines Coaches

Bei den Coachings, die ich anbiete, geht es oft um die Unterstützung von Selbstständigen und solchen, die dabei sind, sich selbst­ständig zu machen. Durch einen Vortrag, den ich in einem Seminar vor Existenzgründern halten sollte, stellte sich mir vor kurzem noch einmal ganz konkret die Frage: Welche Probleme tauchen bei einer Existenzgründung auf? Ich wollte dieser Frage aus psychologischer und speziell aus bildanalytischer Sicht einmal nachgehen.

Lässt sich Selbstständigkeit gründen?

Zunächst musste ich bei meinen Über-legungen feststellen, dass nicht nur der so genannte Existenzgründer ei-ne Existenz gründet. Jeder Mensch macht das, wenn er einen Beruf erlernt und darin arbeitet. Er entscheidet sich im Laufe seiner Entwicklung für eine Ausbildung und für einen Ar-beitsbereich und lässt sich dann darauf ein, um sich über einen monatlichen Verdienst seine wirtschaftliche Existenz zu sichern. In diesem Sinne sind wir alle Existenzgründer. Wenn wir allerdings im täglichen Sprachgebrauch von einer Existenzgründung und ihren Problemen sprechen, dann meinen wir eigentlich immer eine besondere Form, nämlich die Gründung einer selbstständigen Existenz.

Mit der beruflichen Selbstständigkeit scheint es nicht so einfach zu sein. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit warnt Existenzgründer und ruft sie dazu auf, sich gründlich zu prüfen, bevor sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Viele so genannte „Start-ups“ scheitern nämlich schon nach kürzester Zeit. Und es scheint, als würden Pleiten, Pech und Pannen den Existenzgründungs­boom der letzten Jahre ausbremsen. Marktfor-schungsinstitute haben nach den Ursachen für das Scheitern von Gründern gesucht und junge Unternehmen geprüft. Für den Misserfolg verantwortlich sind demnach unzureichende Busi­nesspläne, schlechte Markt-analysen, fehlende Kundenorientie-rung und Selbst­überschätzung der Gründungspersonen. Doch diese Ur-sachenforschung bleibt unter psychologischer Perspektive noch sehr an der Oberfläche. Wie kommt es, dass einige Existenzgründer er­folglos sind und ihre Unternehmen wieder „dicht machen“ müssen, andere hingegen Erfolg haben? Gibt es Charaktere, die besser geeignet sind für die Selbstständigkeit als andere? Hat man so etwas wie die „Gründung“ bereits im Blut oder ist sie erlernbar? Gibt es eine Möglichkeit herauszufinden, ob die Selbstständig­keit und Freiberuflich-keit „das Richtige“ für mich ist im Gegensatz zu einer Tätigkeit im Ange-stelltenverhältnis? Im Folgenden möch-te ich etwas genauer die Form der
Existenzgründung betrachten, die uns „selbstständig“ macht. Selbstverständlich kann man eine Firma gründen, gilt das aber auch für die Selbstständigkeit? Kann man diese ebenfalls „gründen“?


Bildquellen

  • Überfahrt: Karin Fischer