Struktur und Funktionieren von Psychotherapie – Eine psychologische Analyse

Struktur und Funktionieren von Psychotherapie – Eine psychologische Analyse

Notwendige Reflexionen über eine Profession
Das Kind einer neuen Wissenschaft

Wir können in der Psychotherapie eine psychologische Profession sehen, die sich als Umsetzung eines neuen Verständnisses von Psyche in den letzten 100 Jahren entwickelt hat. Angeregt durch die Erfolge in den Naturwissenschaften hatte sich die menschliche Neugier zu Beginn des 20sten Jahrhunderts jetzt auch der Dinge angenommen, die bis dahin unter Stichworten wie Seele, Psyche, Charakter oder Persönlichkeit untergebracht waren oder auch unter solchen Begriffen wie die Wahrnehmung, der Wille, das Gefühl und der Verstand. Es entstand eine neue Wissenschaft, die bereit war, dem Seelischen eine eigene Natur zuzubilligen. Dabei entwickelte sich ein Bild vom Seelischen, das tatsächlich eine eigene Natur zu entdecken und herauszustellen begann. Die psychischen Zusammenhänge zeigen uns, dass sie eigenen Gesetzen folgen, Gesetzen, die sich nicht einfach aus der Biologie, oder Physiologie ableiten. Die neue Wissenschaft hatte die Eigengesetzlichkeit des Seelischen zu ihrem Gegenstand gemacht.

Und so entstand sehr bald ein neues Bild vom so genannten Seelischen. Dieses Bild hatte von Anfang an viele Fassetten. Und in jeder derselben findet ein Bruch mit den bisherigen Vorstellungen vom Seelischen statt, und das heißt auch mit ihren Zwängen und Bevormundungen. Die verschie-denen psychologischen und psycho-therapeutischen Schulen, die sich parallel dazu entwickelt haben, spie-geln die Kraft und den Varianten-reichtum des sich verändernden See-lenbegriffes sehr gut wieder:
 Vieles, was vorher als „gottgege-ben“ im Sinne eines Talentes oder auch im Sinne eines unguten Schick-sals hingenommen werden musste, kann plötzlich als erlernbar und im störenden Falle auch als wieder ver-lernbar angesehen werden (Lerntheo-rien, Verhaltenstherapie).

  • Die „göttliche“ Eingebung kann als eine Art „Aha-Erlebnis“ oder Schließung innerhalb eines Gestaltbildungspro-zesses verstanden und somit auch den Tieren (Affen) zugestanden wer-den (Gestaltpsychologie, Systemische Psychologie).
  • Ambivalente Verhältnisse, die wir bisher glaubten überwinden zu müs-sen, wollen als unaufhebbar aner-kannt werden und rächen sich, wenn wir dem zuwiderhandeln (Tiefen-psychologie, Psychoanalyse).
  • Zwänge und Besessenheiten wer- den nicht mehr nach dem Modell einer Fremdeinwirkung verstanden, sondern als Verselbständigung von Freud-/Leiderfahrungen, die sonst als Orientierungshilfen im Dienste der Entwicklung stehen (Humanistische Psychologie, Bildanalytische Psychologie).

Bildquellen

  • Höhle: Karin Fischer