Struktur und Funktionieren von Psychotherapie – Eine psychologische Analyse

Struktur und Funktionieren von Psychotherapie – Eine psychologische Analyse

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Die „Seele“ einer Psychotherapie – Entwurf

Wenden wir uns nun der eigentlichen Frage zu, der Frage nach dem Funk-tionieren einer Psychotherapie: Wie greift das eine ins andere, bzw. wie und warum tut es das und mit welchem Erfolg? Hierzu möchte ich zunächst in sechs Stichworten auf die strukturellen Elemente einer Psychotherapie ein-gehen, bevor ich in einem weiteren Kapitel auf die verschiedenen Ent-wicklungspositionen innerhalb eines Therapieverlaufs mithilfe eines Mär-chengleichnisses eingehe.

Die strukturellen Elemente des Funktionierens

1. Bühne für kontextübergreifende Muster

Stellen wir uns die Psychotherapie als eine Veranstaltung vor, in der, wie auf einer Bühne ein „Problemstück“ aufgeführt wird. Das ist ein „Stück“ aus dem Leben unseres Therapiefalls. Die Bühne müssen wir uns dabei allerdings etwas weniger dinglich als die eines realen Theaters vorstellen. Sie besteht in einem weit weniger klar fassbaren Medium, denn sie meint das Ganze der gemeinsamen therapeutischen Arbeitsbeziehung und bezieht dabei alle hierzu gehörenden Verhältnisse mit ein – also nicht nur die rein zwischenmenschlichen Dinge: Wenn der Klient bei bestimmten Themen Berührungsängste hat, zeigt sich darin ja auch ein Verhältnis zu einer Sache. Es geht also in einer Arbeitsbeziehung nicht nur um die Beziehungen, die zwischen einem Ich und einem Du bestehen, sondern eben auch um Beziehungen zu Inhalten, Festlegungen und Verpflichtungen, die zu beachten sind.

2. Der Therapeut als „Mit“spielender

In diesen vielfältigen Beziehungen stellen sich Muster dar, die wir als kon-textübergreifend ansehen können. Sie wirken auch in anderen Zusammen-hängen, also im Leben des Klienten außerhalb der Therapiesitzung und zurückliegend auch in früheren Zeiten seiner Entwicklung. Beim Wirksam-werden dieser Muster in der „gemein-samen Arbeitsbeziehung“ sind auch psychische Anteile des Therapeuten beteiligt. Das ist im Wesentlichen auch der Grund dafür, dass sich auf der so genannten Therapiebühne einerseits ein vertrautes Problemstück gleichsam wiederholt und nicht wiederholt: Es weist nämlich an den Stellen Veränderungsspielräume auf, an denen es dem Therapiefall außerhalb der Psychotherapie nicht gelingt, diese für sich wahrzunehmen. Hier gelingt das aber, und zwar deshalb, weil die psychischen Anteile des Therapeuten mit im Spiel sind. Die Haltung des Therapeuten erlaubt ihm, das reine Muster nicht einfach nur mitzuagieren, sie lässt stattdessen Veränderungsspielräume erfahrbar werden.

Das Medium der gemeinsamen Arbeit und die psychischen Anteile des The-rapeuten nutzend kommt es zu einer Aufführung emotional bedeutsamer und bestimmender Muster aus der Le-benswirklichkeit des Therapiefalles. Der Psychotherapeut hat durch stän-dige Übersetzungsarbeit dafür zu sor-gen, dass es auch tatsächlich das Pro-blemstück des Falles ist, was sich zur Aufführung bringt und nicht etwa sein eigenes oder das Stück einer Insti-tution oder ähnliches.


Bildquellen

  • Höhle: Karin Fischer